Ulm 1970 zum erstenmal auf die Möglichkeit von Mikrofilm und elektronischer
Datenverarbeitung zur Erleichterung der Arcbivbenutzung hingewiesen habe.
Damals sah der Generaldirektor der bayerischen Archive in mir den Versucher,
dessen Vorschlage das archivarische Seelenheil gefahrdeten. Heute gehort der
Einsatz des Datensammelsystems im Bundesarchiv zum archivarischen Alltag,
und die einstmals skeptischen Kollegen stehen Schlange, um ihre Projekte be-
vorzugt abgewickelt zu bekommen. So mag es vielleicht in zehn Jahre auch
mit den automatischen Datenbanken sein.
5a. Das entbindet uns jedoch nicht von der Verpflichtung vor jeder Entscheidung
über die Einführung einer neuen Technologie zu versuchen, durch eine Kosten-
Nutzen-Analyse deren Wirtschaftlichkeit zu prüfen. Dabei wird sicher der nicht
messbare Nutzen, der bei den Benutzern durch Zeitgewinn entstehen kann, zu
berücksichtigen sein und, wie bei den meisten Publikationsfilmprogrammen, ei
ne Subventionierung rechtfertigen; er wird etwa erkennbar, wenn die Anzahl
der Archivalien, die ein Benutzer ohne Resultat für seine spezielle Frage durch-
sieht, wegen der Verbesserung der Findmittel infolge der Automatisierung sinkt
und seine Verweildauer im Lesesaal kurzer wird.
Die Anwendung neuer Verfahren zwingt die Archive daher auch, die Erfolge
ihrer Arbeit besser zu kontrollieren. Das kann nicht nur durch eine verfeinerte
Statistik geschehen, sondern verlangt vor allem einen regelmassigen Dialog
zwischen Archivar und Benutzer im Sinn eines feed-back.
6b. Die hohen Kosten der technischen Verfahren machen es ausserdem erforder-
lich, starker als bisher die Zusammenarbeit mit anderen Institutionen zu suchen,
die ebenfalls Informationen vermitteln. Das können Datenbanken der Verwal-
tung, Dokumentationsstellen und Spezialbibliotheken der Wissenschaft oder der
Wirtschaft sein, aber auch Presseagenturen und Verleger, z. B. bei Publikations
filmprogrammen. Dabei wird es freilich auch darauf ankommen zu verhindern,
dass kommerzielle Informationssysteme, die eine objektive und gleichmassige
Deckung des Informationsbedarfs nicht gewahrleisten können, auf Grund ihrer
grosseren technischen Möglichkeiten eine unangemessene Verfügung über ar-
chivierte Daten erhalten.
6c. Nicht zuletzt verlangen die neuen Techniken eine verstarkte Zusammenarbeit
der Archive. Es muss gesichert sein, dass Erfahrungen, die ein Archiv mit
einem Verfahren unter Aufwendung nicht unerheblicher Mittel gemacht hat,
auch anderen Archiven zugute kommen, dass Fehler und Umwege möglichst
nicht wiederholt werden. Am wichtigsten erscheint das im Bereich der Anwen
dung der automatischen Datenverarbeitung. Es bietet sich eine Arbeitsteilung
an, bei der ein Archiv sich auf die Indexierung mittelalterlicher Urkunden, ein
anderes auf die automatisierte Erschiessung von Bildbestannden, ein drittes auf
Bestandsübersichten spezialisiert und seine technischen Einrichtungen, sowelt
möglich, dafür anbietet.
Dass Sie meine Damen und Herren, mich gebeten haben, über Erfahrungen mit neu
en Techniken in meinem Land Ihnen zu berichten, werte ich als einen Beweis dafür,
dass Sie an dieser Zusammenarbeit über die Grenze hinweg interessiert sind. Das
deutsche Bundesarchiv ist gern bereit, auch weiter Erfahrungen mit den niederlan-
dischen Archiven auszutauschen.
Ik dank U voor Uw aandacht.
Zusammenfassung
Archive produzieren Information und liefern sie an Kunden. Sie müssen wie jeder
Produzent bedacht sein, technische Mittel einzusetzen, um ihre Erzeugnisse mög
lichst preiswert und den Bedürfnissen ihrer Abnehmer entsprechend herzustellen.
Dazu bestehen nach den Erfahrungen des Bundesarchivs folgende Möglichkeiten:
1Anwendung der Mikroverfilmung in Form von Mikrofiches,
a. zur Publikation ganzer Bestande,
b. als Ersatz für gedruckte Quellenpublikationen,
c. zur Bereitstellung wichtiger Bestande im Benutzersaal.
2. Anwendung des Offsetdrucks zur Herstellung von Findmitteln.
3. Anwendung der Elektronischen Datenverarbeitung,
a. zur Erstellung von Indices,
b. zur Erstellung von Findbüchern,
c. zur Führung der Bestandsübersicht.
4. Anwendung audiovisueller Techniken für Ausstellungen.
5. Als zu kostspielig und aufwendig sind nicht zu realisieren:
a. Anwendung der Telekopie zur Übermittlung von Faksimiles über das Telefon-
netz,
b. Anwendung der Elektronischen Datenverarbeitung zum Aufbau von Dateien, in
denen Informationen gespeichert und durch ein automatisches Information Re
trieval-System abgerufen werden können.
6. Voraussetzungen für die Anwendung moderner Techniken müssen sein:
a. der Versuch einer Kosten-Nutzen-Analyse,
b. Kooperation mit anderen Archiven und Forschungsinstituten,
c. feed-back zwischen Archiv und Benutzern.
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