im Monat benutzt wird. Denkbar ist dieser Fall allenfalls bei Zeitungsverlagen und Bildagenturen, die aus aktuellen Anlassen auf archiviertes Bildmaterial zu- rückgreifen, und im Verkehr zwischen Behcrden und einem fiir sie zustandigen Zwischenarchiv mit sehr jungen Bestanden. Derartige Bediirfnisse sind für das Bundesarchiv bisher nicht erkenn'oar geworden. Man wird die weitere Ent- wicklung jedoch aufmerksam verfolgen miissen. In einer Zeit steigender Perso nal- und Portokosten bei sinkenden Kosten für Maschinen ist nicht auszu- schliessen, dass es eines Tages billiger sein kann, ein Dokument von drei Seiten in anderthalb Minuten iiber Telefon zu übermitteln als Mitarbeiter vielleicht eine Viertelstunde zu beschaftigen um es zu kopieren, ein Formular mit der Adresse des Empfangers zu versehen, Kopie und Formular in einen Umschlag zu stecken und ihn mit einem hohen Wert zu frankieren. 5b. Verbreiteter als die Telekopie ist der Versuch, den Inhalt von Archivalien mit Hilfe der elektronischen Datenverarbeitung in sogenannten Datenbanken zu speichern, aus denen sie bei Bedarf durch einen Dialog zwischen Benutzer und Maschine abgerufen werden: statt in einem konventionell oder auch schon maschinell hergestellten Findbuch, Index, Inventar zu blattern, soil der Be nutzer sich an einen Bildschirm setzen, seine Frage über eine Tastatur eingeben und die Antwort in Sekundenschnelle auf dem Bildschirm sehen, auch wenn der Rechner, der sie gibt, ein paar hundert Kilometer entfernt ist. Dafür gibt es automatische Information-Retrieval Systeme, z.B. STAIRS von IBM, GOLEM von Siemens, die alle die Eingabe von Suchbegriffen in beliebigen Verkniipfun- gen der Boole'schen Algebra ermöglichen. So haben die italienischen Archive sich dieser Methoden bedient und eine Datei zu den Urkunden des Klosters Montecassino aufgebaut. Mit diesem System kann dann etwa in einem Dialog die Frage beantwortet werden, welche Urkunden in diesem Bestand ein Notar X zwischen 1500 und 1520 über Schenkungen in bestimmten Orten ausgestellt hat, in denen die Personen Y und Z, nicht aber A und B genannt sind. Gear- beitet wird an einem automatischen Auskunftssystem über Quellen zur Ge- schichte Venedigs, für das bis 1976 über 36 Millionen Zeichen maschinell erfasst wurden, u. a. aus 4.205 Urkunden des 10. 12. Jahrhunderts im Codex diplo maticus Venetianus. Ein Modellversuch des Bundesarchivs, für den amtliche Akten aus den Jahren 1945-1949 herangezogen wurden, hat ergeben, dass ein sehr erheblicher Auf- wand erforderlich ist, komplexe Inhaltsangaben so aufzubereiten, dass sie in einem automatischen Retrieval-System genutzt werden können. Dieser Auf- wand erscheint nur gerechtfertigt, wenn eine unverhaltnismassig grosse Nach trage nach Informationen zu erwarten ist, die schnell befriedigt werden muss. Bei nahezu allen historischen Bestanden diirften diese Voraussetzungen nicht bestehen. Ein automatisches Information Retrieval System, bei dem wegen zu geringer Nachtrage jede einzelne Recherche Kosten in Höhe von 100,DM oder mehr verursacht, ist eine Fehlinvestition. Hinzu kommt, dass viele Benut- 378 zer gar nicht so hochspezifische Fragen stellen, wie sie ein solches System be- antworten kann. Die Verhaltnisse liegen anders, wenn eine automatisch arbeitende Datenbank von Einrichtungen ausserhalb der Archive getragen wird, die an Informationen aus Archiven interessiert sind, z. B. von Behörden, die einen rascheren und besseren Zugriff auf von ihnen abgegebene Akten wünschen oder von Bild- und Presseagenturen, die alteres Material für publizistische Zwecke bereitstellen wollen. An derartigen Einrichtungen wird das Bundesarchiv sich beteiligen und hat bereits mit der Verwaltung des Deutschen Bundestages zusammengearbeitet, indem für dessen Dokumentationssystem zu den Gesetzesmaterialien der Bun- desgesetze Angaben über die zu einzelnen Gesetzen vorhandenen Archivalien geliefert wurden. Zur Erleichterung der Benutzung von Akten der Bundesverwaltung würde es in deren eigenem Interesse wesentlich beitragen, wenn Kompetenzen und Kompetenzanderungen in einer Datenbank gespeichert würden, erfolgt doch der Zugriff zu Informationen in provenienzmassig gebildeten Be standen stets über die Kenntnis von Kompetenzen. Für Zeiten, in denen sie sich haufig andern und überschneiden, können sie auf konventionelle Weise, etwa in einer Kartei, kaum noch evident gehalten werden. Ein entsprechender Versuch des Bundesarchivs, bei dem einige tausend Angaben über Sachgebiete unterhalb der Referatsebene aus Geschaftsverteilungsplanen des Bundeskanz- leramtes und von 4 Bundesministerien nach dem Stand von 1963 und 1973 mit STAIRS gespeichert wurden, ist einigermassen positiv ausgefallen. Von Bedeutung ist schliesslich die Frage eines zentralen Nachweises über alle Bestande zumindest der staatlichen Archive, der es den Benutzern erleichtert, das für ihre jeweilige Fragestellung zustandige Archiv zu finden. Das Bundes archiv ist an entsprechenden Planungen der Arbeltsgemeinschaft ausseruni- versitarer historischer Forschungseinrichtungen massgeblich beteiligt, die im Rahmen des Bundesförderungsprogramms für Information und Dokumenta- tion realisiert werden sollen. Dabei könnte im Rahmen eines Fachinformations- systems für die Geisteswissenschaften eine Historische Datenbank entstehen, in der die maschinell erfassten und verarbeiteten Angaben über die einzelnen Bestande aller Archive gespeichert und verfiigbar gehalten werden. Mit diesen letzten Beispielen befinden wir uns bereits im Bereich der Futurolo gie. Wenn man der Presse glauben kann, hat die Zukunft freilich schon begon nen. Gerade gestern fand ich in der seriösen Frankfurter Allgemeinen Zeitung in einem Artikel über "Die totale Botschaft der Medien" den Satz: "Mit Glas- fiberkabeln liessen sich leicht und billig Anschlüsse an Datenbanken, Filmothe- ken und Büchereien herstellen, deren Informationen, Filme und geschriebenen Texte, insofern sie auf Mikrofilm bereits umkopiert sind, jederzeit abgerufen werden könnten" auf den Fernsehapparat zu Hause namlich. Das Wohn- oder Arbeitszimmer des Benutzers würde damit den Benutzersaal des Archivs ersetzen! Immerhin aber war es vor weniger als zehn Jahren, als ich auf dem Archivtag in 379

Periodiekviewer Koninklijke Vereniging van Archivarissen

Nederlandsch Archievenblad | 1978 | | pagina 14