Namen ehemaliger Angehöriger des öffentlichen Dienstes, über die keine Perso-
nalakten mehr vorliegen, aus Sachakten erleichtert die Erteilung von Dienst-
zeitbescheinigungen ungemein. Kriegstagebücher und Ordensverleihungslisten
dienen als Grundlage für Indices militarischer Verbande, aus Zensurdaten soil
ein Index aller von 1919 bis 1945 in Deutschland den Filmprüfstellen vorgeleg-
ten deutschen und auslandischen Filme, ihrer Produzenten und ihrer Überliefe-
rung geschaffen werden. Eben begonnen wurde mit der Arbeit an einem Index
der Prozessparteien in Urteilsbüchern des Reicbskammergerichts von 1573-
1806.
Die maschinelle Datenerfassung erfolgte zunachst z. T. auf einer gemieteten
Lochstreifenmaschine, z. T. auf Eochkarten im Lohnauftrag durch Firmen. In
beiden Fallen musste die Datenverarbeitung in einem öffentlichen oder kom-
merziellen Rechenzentrum erfolgen, was sich als nachteilig erwies. Seit Januar
1976 steht dem Bundesarchiv eine Anlage der mittleren Datentechnik (Daten-
sammelsystem) ausschliesslich zur Verfügung, die für jahrlich 70.000 DM. ange-
mietet wurde. Die Eingabe erfolgt an vier Erfassungsplatzen über Bildschirme
auf Magnetband. In der Zentraleinheit sind Programme für die wichtigsten
Funktionen gespeichert, und sie bat eine Kapazitat von 67,5 Millionen Zeichen.
Der angeschlossene Drucker hat eine Geschwindigkeit von 50 Zeichen in der
Sekunde und von 6 Zeilen in der Minute, was sich als zu langsam erwiesen hat.
Ab Januar 1978 werden wir um eine 10% höhere Miete einen Drucker von 200
Zeilen in der Minute zur Verfügung haben. Das wichtigste aber ist, dass die
Anlage so vorbereitet ist, dass wir keinen Programmierer, sondern nur einen
"operator" einstellen mussten.
3b. Das Datensammelsystem lasst sich auch einsetzen, um Findbücher in Form
numerischer oder systematischer Verzeichnisse herzustellen, indem einmal in
maschinenlesbarer Form vorliegende Beschreibungen von Archivalien nach
allen benutzten Kategorien wie Provenienz, Aktenzeichen, Signatur, Position in
einem Klassifikationssystem sortiert und in der gewünschten Reihenfolge aus-
gedruckt, als solche gekennzeichnete Stichwörter herausgesucht und alphabe-
tisch geordnet werden, ohne dass es dazu zusatzlicher manueller Arbeit bedarf
Dieses Verfahren ist vorgesehen für das Findbuch zu rund 32.000 Verfahrens-
akten der Spruchgerichte in der früheren Britischen Besatzungszone über Mit-
glieder vom Internationalen Militartribunal in Nürnberg für verbrecherisch
erklarter Organisationen. Alle aufgenommenen Daten werden jeweils in folgen-
den Verzeichnissen nachgewiesen werden: nach den Namen der Angeklagten,
nach erkennenden Gerichten und Aktenzeichen, nach den Organisationen,
denen die Angeklagten angehörten und ihren Funktionen darin, nach Einheiten
und Dienststellen, bei denen sie tatig waren.
3c. Zweifellos erhalten Benutzer durch derartige maschinell erstellte Findmittel
eine umfassendere und raschere Auskunft, als es bisher möglich war. Diese
Findmittel können jedoch nur einen relativ kleinen Teil der Bestande erfassen.
[374]
Umso wichtiger erscheint es, die Unterrichtung über die Gesamtheit der Be
stande eines Archivs, die in der Form von Bestandsübersichten oder Archiv-
führern geboten wird, für Benutzer wie für die archivarische Praxis durch die
automatische Datenverarbeitung zu verbessern. In solchen Übersichten sind
Angaben über den Inhalt, den Umfang, Ordnungs- und Erhaltungszustand
der einzelnen Bestande zu erfassen, laufend zu aktualisieren und möglichst zu
publizieren. Statt der traditionell gedruckten Inventare, die nicht selten bei
ihrem Erscheinen schon überholt sind, erhalten die Benutzer dadurch mit ge-
ringem Mehraufwand Hilfsmittel nach dem jeweils neuesten Stand. Im Bundes
archiv werden daher Beschreibungen aller Bestande mit den genannten formalen
und inhaltlichen Angaben mit der vorhandenen Anlage maschinenlesbar ge
speichert, alle Veranderungen darin nachgetragen, um möglichst im Jahresab-
stand nach den verschiedenen Kriterien sortiert ausgedruckt zu werden.
In allen bisher genannten Anwendungsfallen hat sich die elektronische Daten
verarbeitung als wirtschaftlich erwiesen, hat der Aufwand den Ertrag gerecht-
fertigt. Kanadische Berechnungen von 1971, wonach ein Aussteller-, Sach- und
chronologischer Index zu 100.000 Briefen auf dreimal 100.000 Karteikarten
maschinell um 44% billiger und in weniger als der Halfte der Zeit hergestellt
werden könne, haben sich etwa bestatigt. Für die maschinelle Erfassung und
Verarbeitung von ca. 24.000 Angaben über Personen aus Sachakten wurden
etwa zwei Drittel der Kosten aufgewendet, die bei manueller Bearbeitung des-
selben Index entstanden ware. Ein allgemein gültiges und praktikables Verfah
ren für Kosten-Nutzen-Analysen für die automatische Herstellung von Find-
mitteln wird es freilich kaum geben, da insbesondere der Nutzen für die Wissen
schaft, der sich in verkürzter Forschungszeit, und für das Archiv, der sich in
einer Verminderung des Beratungsaufwandes ausdrücken kann, kaum messbar
ist.
Mit den bisher behandelten Techniken können Informationen aus Archivalien
den Benutzern besser und rascher zuganglich werden, die solche Informationen
gezielt suchen. Er gibt jedoch auch ein Interesse der Archive, eine breitere Öf-
fentlichkeit ganz allgemein mit Informationen über ihre Bestande zu versehen,
und ein bevorzugtes Mittel ist dafür seit langem die Archivalienausstellung.
Sehr langsam und durchaus noch nicht allgemein hat sich jedoch die Auffassung
durchgesetzt, dass solche Ausstellungen sich nicht darauf beschranken dürfen,
Urkunden, Aktenstücke und Briefe nach Möglichkeit verbunden mit zeitge-
nössischen Bildern in Vitrinen darzubieten und durch mehr oder weniger
ausführliche Beschreibungen am Stück oder in einem Katalog zu erlautern.
Ein Publikum, das daran gewöhnt ist, einen Grossteil seiner Informationen
durch Plakate, durch Bild und Text kombinierende Magazine und Boulevard-
zeitungen, durch Rundfunk, Film und Fernsehen zu bekommen, wird sich von
einer Archivalienausstellung gelangweilt abwenden, wenn dort nicht so weit
wie möglich dieselben Mittel der Presentation verwendet werden wie von den
Massenmedien und der Werbung.
375