lc. Die Reproduzierung von Bestanden auf Mikrofiches kann dariiber hinaus auch die Benutzung im Archiv selbst wesentlich erleichtern. Wartezeiten für das Ausheben bestellter Archivalien im Magazin fallen weg, wenn von allen Be standen, die erfahrungsgemass besonders haufig benutzt werden, im Benutzer- saal Mikrofiches bereitstehen, die im Lesegerat betrachtet und bei Bedarf auto matisch rückvergrössert werden können. Eine entsprechende Einrichtung steht im Bundesarchiv in Koblenz zur Verfügung; die Akten der Reichskanzlei, die nicht nur haufig benutzt, sondern durch die Haufigkeit der Benutzung auch in ihrem Erhaltungszustand gefahrdet werden, sollen als erster Bestand grund- satzlich nur in Form der Mikrofiches vorgelegt werden. Für die Entscheidung bestimmter Fragen aber braucht man die Farbe. In Deutschland besteht seit 40 Jahre die Regelung, dass in jeder Behörde der Be- hördenchef grün schreibt, und sein Vertreter rot. Unter Umstande muss der Be- nutzer tatsachlich wissen, ob eine Randbemerkung grün oder rot geschrieben ist, weil keine Namen darunter stehen. Auf lange Sicht wird hier ein technisches Verfahren sogar den Benutzern den unmittelbaren Zugriff zu Archivalien ermöglichen, wie es im Freihandsystem für Bibliotheksbestande bereits übüch ist. Nachteile des Microfiches sind frei- lich nicht zu übersehen. Im Vergleich zum 35 mm-Rollfilm sind durch die starkere Verkleinerung insbesondere altere handschriftliche Texte schwerer lesbar. Vorhandene 35 mm-Sicherungsfilme können nicht ohne Qualitatsverlust als Ausgangsmaterial benutzt werden, so dass auf 16 mm-Rollfilm neu verfilmt werden muss. Die Rollfilme müssen dann zerschnitten, die Schnittstücke mit entsprechenden Geraten in "Jackets" im Format des Fiches eingetascht und diese dann dupliziert werden; das Verfahren, die Archivalien unmittelbar mit einer speziellen Mikrofiche-Kamera aufzunehmen, wurde bisher durch die hohen Anschaffungskosten für ein solches Gerat beeintrachtigt. Andererseits konnten die höheren Kosten durch eine im Vergleich zum Rollfilm grössere Nachfrage kompensiert werden. Wenn allerdings eines Tages die wichtigsten Bestande im Benutzersaal auf Mikrofiches bereit stehen, brauchen wir eine liberale Benutzungsordnung. 2. Eine optimale Nutzung von Mikrofilmpublikationen ist freilich nur möglich, wenn die Kaufer hinreichend über den Inhalt der verfilmten Archivalien unter- richtet werden. In der Entschliessung des Internationalen Archivkongresses in Madrid wurde zu Recht gefordert, das verfilmte Material "should be identified and described in such manner that the film may be readily and easily used; and whenever possible, the explanatory materials should be printed by conventional methods and issued separately". Auch dafür bietet eine neue Technik die Voraussetzung, der Offset-Druck auf Anlagen, die Archive selbst mit verhalt- nismassig bescheidenen Mitteln anschaffen können und die wesentlich preis- werter produzieren, als es im Buchdruck möglich ware. Das Bundesarchiv stellt so zu jedem verfilmten Bestand in einer Auflage von durchschnittlich 500 Exemplaren Findbücher her, die unabhangig von den Filmen vertrieben werden. Für den Dienstgebrauch bereits vorhandene maschinengeschriebene Findbücher können als Ausgangsmaterial dienen: von ihnen werden durch ein fotografisches Verfahren Offsetfolien hergestellt, wobei auch eine Verkleinerung des Formats der Vorlage auf Oktav oder DIN A 5 möglich ist. Zur Zeit liegt der Herstel- lungspreis von 500 Exemplaren bei 5 Pfennig je Seite einschliesslich der anteili- gen Kosten für den im Klebebindeverfahren hergestellten Einband. 3a. Archivbenutzer wünschen jedoch nicht nur preiswerte Findmittel, nach denen sie Mikrofilme bestellen und so die Arbeitszeit im Archiv verkürzen können, sondern vor allem verlangen sie bessere, d. h. möglichst detaillierte Findmittel, die einen raschen und prazisen Zugriff zu den benötigten Informationen er möglichen. Chemikern, Medizinern, Juristen und Journalisten stehen bereits maschinelle Auskunftsysteme zur Verfügung, die schnell über eine neue chemische Verbin- dung, die Rechtsprechung zu einer bestimmten Vorschrift des Familienrechts oder alle Interviews eines Politikers über Entwicklungshilfe in den letzten 3 Jahren informieren. Die Archive müssen sich daher der Frage stellen, ob und in welchen Umfang auch sie im Interesse ihrer Benutzer von den Möglichkeiten der elektronischen Datenverarbeitung Gebrauch machen müssen und können. Das Bundesarchiv hat diese Frage als eines der ersten deutschen Archive positiv beantwortet. Bereits 1968 begannen Versuche, maschinell alphabetische Perso nen- und Ortsindices zu chronologisch oder nach Korrespondenten geordneten Aktenserien zu erstellen. ferner zu solchen Sachakten, die durch den Titel nicht hinreichend erschlossen sind, und zu konventionellen Findbüchem. Dabei fallen grosse Mengen relativ gleichförmiger Daten an, die manuell auf Karteikarten zu übertragen und zu sortieren zwar nicht sehr schwierig, aber ziemlich zeitraubend ist. Werden die Daten in maschinenlesbarer Form erfasst, kann ein Computer in kurzer Zeit geordnete Listen produzieren, die jeweils bei Bedarf maschinell korrigiert und ausgedruckt werden können. Als erstes Proiekt wurde in Zusammenarbeit mit der Archivschule Marburg und dem Deutschen Rechenzentrum in Darmstadt ein Sachindex zu den Pressean- weisungen des Reichsministeriums für Volksaufklarung und Propaganda 1933- 1945 in Angriff genommen. Er musste abgebrochen werden, weil sich heraus- stellte, dass die zunachst aus 23 Banden ausgeworfenen 10.800 Sachstichwörter zu mehr als einem Viertel unzulanglich waren und den Inhalt nicht in der er- forderlichen Weise kennzeichneten. Die Arbeiten wurden dann auf einen Per- sonenindex beschrankt, nachdem gute Erfahrungen mit einem Index der Pro- zessparteien zu Urteilen des Reichsgerichts und vor allem mit der beim Statis- tischen Bundesamt durchgeführten Verarbeitung der Daten über ehemalige jüdische Burger im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland aus Unterlagen von Einwohnermeldeamtern, Gestapodienststellen und Kultusgemeinden mit ca. 378.000 Datensatzen vorlagen. Inzwischen gehort die maschinelle Herstellung von alphabetischen Personen- und Ortsindices zur taglichen Praxis. Die Erfassung van mehreren 100.000 [372] [373]

Periodiekviewer Koninklijke Vereniging van Archivarissen

Nederlandsch Archievenblad | 1978 | | pagina 11