waltungsakten, in denen sich die obrigkeitlichen Massnahmen auf dem Gebiete der Planung, Gesetzgebung, Organisation und Lenkung niederschlagen. Vorweg sollen noch einige der haufig gebrauchten Ausdrücke erklart werden. Der Ausdruck Aussonderung' bezeichnet das Verfahren, in dem entschieden wird, ob das Schriftgut aufbewahrt oder vernichtet werden soli. Der Ausdruck 'Massenakten bezeichnet die Menge von Akten, die zur Regel ung von Einzelfallen angelegt wer den. Man begegnet ihnen in einer kaum feststellbaren Zahl, vor allem dort, wo die Vorsorge und Ftirsorge des Staates die Belange des Einzelnen berühren oder dort, wo der Staat als Schlichter oder Anwalt der Allgemeinheit tatig werden muss. So wird man zu den Massenakten solche Vorgange zahlen, wie sie sich beispielweise auf den Gebieten der Gerichtsbarkeit, der Polizei, der Jugend- und Sozialftirsorge, der Wiedergutmachung, des Personal-, Gewerbe- und Bauwesens finden. Ich meine, dass am Beispiel der Massenproduktion von dieser Art Akten am besten die Frage beantwortet werden kann, auf welche Weise der Archivar den Strom der Aktenflut lenken kann, um in sein Archiv nur das archivwürdige, historisch wertvolle Schrift gut aufzunehmen und zu bewahren. Der Ausdruck 'Behörden' bezeichnet hier auch Justizbehörden, einschliesslich der Gerichte. Mein Bericht wird sich also im Wesentlichen nur auf das Folgende beschranken: I Welche Massnahmen Elamburg flir die Aussonderung von Massenakten ergrif- fen hat; II Welche Erfahrungen mit den getroffenen Massnahmen gesammelt wurden, d.h. welche Nachteile und Vorteile bisher für dieses Verfahren zu bemerken sind, und III Was im Bund, in den Landern und Gemeinden zu diesem Thema geschehen ist. I Richtlinien zum Aussonderungsverfahren für Massenakten und die behördliche Archivpflege. Nachdem die Archivare die Gefahr erkannt haben, die in der Massenproduktion von Schriftgut in den Behörden liegt, konzentrierten sich die Ueberlegungen auf die Beantwortung der wohl iiberall gestellten Fragen im Hinblick auf die Aussonderung dieser Massenakten: 1 Wo soli die Aussonderung erfolgen? Damit ist gemeint die Bestimmung des Ortes für die Aussonderung. 2 Wann soli die Aussonderung geschehen? Damit ist gemeint die Bestimmung des Zeitpunktes für die Aussonderung. 3 Wer soil die Aussonderung vornehmen? Damit ist gemeint die Bestimmung des Personenkreises, der die Aussonderung vornehmen soil. 4 Die wichtigste Frage: Was soli ausgesondert werden? Damit ist gemeint die Bestimmung des archivwürdigen und nicht archivwürdi- gen Schriftgutes. 5 Wie soli die Aussonderung gehandhabt werden? Damit ist gemeint die Bestimmung des Verfahrens für die Aussonderung. 392] Mit der Beantwortung dieser 5 Fragen hofft man. ein Sieb, eine Sperre zu finden, um nur noch archivwürdiges Schriftgut in des Archiv gelangen zu lassen. Die Fra gen hat das Staatsarchiv Elamburg in 'Richtlinien' beantwortet. Richtlinien sind hier Vorschriften, die von Archivaren und Behördenbeamten gemeinsam für die Aussonderung bei jeder einzelnen Behörde ausgearbeitet wurden und in beiderseiti- gem Einvernehmen erlassen werden. Ueber sie wird jetzt zu sprechen sein. 1 Wo soil die Aussonderung erfolgen? Die schon seit langerer Zeit beobachtete anschwellende Produktion von behörd- lichen Massenakten zwang dazu, das Aussonderungsgeschaft nicht mehr wie früher im Archiv stattfinden zu lassen, sondern örtlich vorzuverlegen. Hierzu nötigte so- wohl die Raumnot und der Personalmangel in den Archiven als auch die Erkennt- nis, dass unter den produzierten Massenakten voraussichtlich nur eine verhaltnis- massig geringe Menge archivwürdig sein dürfte. Dies brachte die Vorteile, dass spii- ter im Archiv nur noch das archivwürdige Schriftgut zu ordnen und zu verzeichnen ist und damit, wegen der geringeren Menge, schneller nutzbar gemacht werden kann. Man spart zudem den unnötigen Transport historisch nicht wertvollen Schrift gutes in das Archiv, wenn die Aussonderung möglichts schon dort erfolgt, wo die Akte produziert wird. Als Ort für die Aussonderung wurde daher in den 'Richt linien' die jeweilige aktenproduzierende Behörde bestimmt. 2 Wann soli die Aussonderung geschehen? Für die Aussonderung standen zwei Möglichkeiten of fen: entweder der Zeitpunkt, an dem die Aufbewahrungsfristen abgelaufen sind und die Frage der Aktenvernichtung oder -erhaltung sowieso ansteht; oder der Zeitpunkt, wenn die Akte lauft, also wahrend der Bearbeitung oder spates- tens am Ende der Bearbeitung. Dieser letztere Zeitpunkt bietet den Vorteil, dass der Vorgang dem Sachbearbeiter, das ist der Bearbeiter der Akte, noch am besten in Erinnerung ist. Die Wahl eines spateren Zeitpunktes tragt in sich die Gefahr, dass jede Akte noch einmal von einer anderen Person durchgesehen werden muss, die den Inhalt gar nicht kennt. Also bestimmen die 'Richtlinien', dass die Aussonderung noch wahrend der Bearbeitung der Akte erfolgen soil. Damit ist auch schon die Frage 3 beantwor tet, namlich 3 Wer soil die Aussonderung vornehmen? Die Aussonderung wird in die Hand des Sachbearbeiters gelegt, der wohl als der beste Kenner des Akteninhalts betrachtet werden kann, wahrend die Akte lauft und 'lebt'. An dieser Stelle wird sofort ein Bedenken laut: Die Entscheidung über die Archivwürdigkeit oder Kassation einer Einzelfallakte wird durch Personen getrof fen, die selten historisch, aber gar nicht archivarisch vorgebildet sind oder sein kön- nen. Es droht die Gefahr einer unsachgemassen Auswahl oder des Unterganges his torisch wertvollen Schriftgutes. Das Archiv hat sich daher mehrere Möglichkeiten vorbehalten, direkt oder indirekt auf die Entscheidung des wertenden Sachbearbei- 393

Periodiekviewer Koninklijke Vereniging van Archivarissen

Nederlandsch Archievenblad | 1970 | | pagina 30