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Wir treffen kurz darauf beim Grafen Zech in der Deutschen Gesandtschaft
ein. Er ist erfreut, uns zu begrüssen und überrascht, dass die deutschen Truppen
und wir mit ihnen, so schnell den Haag erreicht haben. Er und Herr Wickel1)
berichten von dem unerhörten Verhalten der Hollander gegen die Mitglieder
unserer Gesandtschaft, die wie Gefangene behandelt wurden und mit ansehen
mussten, wie in die Gesandtschaft gewaltsam eingedrungen und auf der Suche
bedenkenlos die Dielen aufgehackt wurden. Graf Zech teilt mit, dass wir
voraussichtlich wenig Material im Aussenamt finden werden, da die Akten-
vernichtung bereits im September 1939 begonnen habe und besonders noch im
Marz und April 1940 das Wichtigste beseitigt worden sei. Graf Zech wünscht
uns trotzdem vollen Erfolg. Wir fahren von ihm zum Generalstabschef, um uns
dort zu melden. Wir fordern gleichzeitig eine starke Wache fiir das Aussenamt
an. Unserem Wunsch wird sofort entsprochen. Anschliessend kehren wir ins
Aussenamt zurück und beginnen mit der Arbeit.
Bei der ersten Durchsuchung begleitet uns der Hausmeister. Er erklart uns
wer in jedem Zimmer gearbeitet hat und bald fühlen wir uns im Hollandischen
Aussenamt, das im Gegensatz zu dem Norwegischen, sehr sauber und iiber-
sichtlicfa ist, wie zu Hause. Wir kennen die Arbeitszimmer der politischen
Sekretare und deren Schreibdamen und finden auch sofort unerledigte Akten,
nicht abgelegten Schriftwechsel, Stenogrammblocks, das letzte Blaupapier usw.
Bis morgens 2 Uhr beschaftigt uns die erste Durchsicht. Da die Anlage des
Hauses mit seinen Ausgangen nicht übersichtlich ist, schlafen wir im Aussenamt.
Wir suchen Decken zusammen, verteilen uns auf die wichtigsten Stellen, essen
noch etwas Zwieback den wir fanden und schlafen einige Stunden. Am Morgen
trifft das uns zugeteilte GFP-Kommando ein.
Noch bevor die hollandischen Beamten zum Dienst erscheinen halten wir
eine Besprechung ab. Der Kommandofü'hrer erlasst folgende Anordnung: Das
Aussenamt wird dis Sonntag gesperrt, unser GFP-Kommando stellt die Posten
und übernimmt die Wachen, ein Beamter hat standig Dienst. Ein Kamerad
übernimmt die Versiegelung samtlicher Eingange ausser dem Haupteingang
des Hauses, überprüft erstmalig die Aktenbestande und lasst sie in den
grossen Saai einlagern. Von der Gesandtschaft helfen uns zwei hollandisch
sprechende Amtsgehilfen.
Eine Stunde erscheint Wickel und Baron Geyr2) von der Gesandtschaft. Beide
begutachten unsere bisherige Aktendurchsicht. Wir kommen überein, nach
Abschluss der Arbeiten, Wickel das Gebaude zu übergeben, vorausgesetzt dass
eine entsprechende Weisung des Reichsaussenministers eingeht.
Etwas spater erscheint ein SS-Führer, der vom SD schon einige Wochen
vorher in Holland eingesetzt war. Wir verwenden ihn wegen seiner Sprach-
kenntnisse bei Sichtung der Akten, die im grossen Saai schon eine Langswand
fiillen. Die wichtigsten werden ausgesondert, solche die uninteressant sind,
bleiben in den Archiven. Das ganze Kommando ist auf diese Weise bis morgens
3 Uhr beschaftigt. Aus der Nachbarschaft besorgt ein Kamerad Verpflegung.
Wir schlafen wiederum im Aussenamt.
1) F. W. Wickel, legatieraad bij het Duitse gezantschap te Den Haag.
2) Th. baron Geyr von Schweppenburg, legatieraad bij het Duitse gezantschap.
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Uber diesen ereignisreichen Tag senden wir den ersten Funkspruch über die
Deutsche Gesandtschaft nach Berlin. Abschliessend teilen wir mit, dass Wickel
und Geyr die Arbeiten im Haag weisungsgemass zu Ende führen werden, falls
wir vorschnell Richtung Brüssel abrücken miissen.
Am Freitag, den 14.1) Mai, versuchen wir, die Sicherstellung des Haager
Geheimdienstes vorzunehmen. Man ist sehr vorsichtig gewesen und hat die
Spuren gut verwischt, die Spionageakten sind verbrannt. Wir erfahren bei
dieser Gelegenheit, dass öffentlich im Binnenhof nach dem Waffenstillstand,
Akten verbrannt wurden. Wahrend unserer Besprechung erscheint ein Leutnant
vom 18. AOK und erkundigt sich nach Butting. Immer wieder dieser Butting!2)
Angeblich sollen Akten von ihm oder über ihn im Aussenamt liegen. Naheres
weiss der Leutnant auch nicht, er zieht unverrichteter Dinge wieder ab. In-
zwischen ist LR. Buscher3) vom 18. AOK, das General von Küchler befehligt,
eingetroffen. Er besichtigt unsere Arbeit und freut sich über die grossen Be-
stande wichtiger Akten, die bereits aussortiert sind
Bei grösster Anstrengung können wir vielleicht in der Nacht des nachsten
Tages mit der Arbeit fertig sein. Um die Verladung zu vereinfachen, besorgen
wir uns Postsacke, in die die Akten verpackt werden. Die wichtigen und weniger
wichtigen werden getrennnt verpackt. Das Protokoll über die wichtigen Sachen
verzeichnet 157 Vorgange, darunter: Berichte der Marine- und Militarattachés
1939, feindlicher Einfall 1939, diplomatische Personalfragen, Presseberichte aus
allen Landern, geplante Begrüssung des Führers durch die Königin im Grenz-
gebiet, Arabiën und Türkei 1940, persönliche Angelegenheiten des Aussenmi-
nisters, Finanzfragen des Aussenministers, Bolschewismus 1940, die Belgische
Frage, die Flamische Frage, der Antikominternpackt, Politische Berichte über
66 Lander, Neutralitatsschandungen, militarische Zusammenarbeit zwischen
Frankreich und Belgiën 1939. Vertretung französischer Interessen in Deutsch-
land 1939 bis 1940.
Im Haag ist inzwischen unsere LKW-Kolonne über Wals, Maastricht, Rot
terdam eingetroffen. Leider hat unser Gepackwagen den Anschluss verloren.
Das rasieren wird deshalb nochmals vertagt. Vorsorglich wollen wir den
Laderaum unserer Kolonne vergrössern und beginnen deshalb sofort unseren
Wagenpark zu erganzen. Nach einigen Verhandlungen stellt uns das Polizei-
prasidium 6 LKW aus Heeresbestanden und 6 PKW aus anderen Bestanden zur
Verfügung. Es sind ausgezeichnete Wagen und besonders die starken PKW
haben uns noch die wertvollsten Dienste geleistet. Draussen auf dem Platz
untersucht unser Kolonnenführer die hollandischen Wagen. Er entlasst die hol
landischen Fahrer und teilt unsere eigenen ein.
Im Keiler haben wir verschiedene verschlossene Türen gefunden, die der
Hausmeister nicht öffnen kann. Auch einen grossen Tresor. Wir bestellen einen
Spezialschlosser.
Ein Kamerad rückt ab, um festzustellen, wo die Hollandische Regierung das
Land verlassen hat.
H Dit moet 17 zijn.
2) De spion Dr. O. Butting werd in 1940 uitgewezen (doss. Archief Gezantschap
Londen G.A./D 5, 1940) en doss. Bu. Za. B II 18; zie ook Doc. on For. Pol. 19181945,
blz. 189.
3) H. Buscher, verbindingsman tussen het A.A. en de 18e legergroep.