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froh, als wir unseren PKW aus den LKW und Tanks heil heraus sind. Die
Fahrt geht weiter nach Breda und von dort nördlich in Richtung Dortrecht.
Hinter Zevenbergsche Hoek naheren wir uns den Hollandschen Deep und der
mehr als anderthalb Kilometer langen Brücke, die zu unserer grossen Verwunde-
rung nicht zerstört zu sein scheint. Da wir vom Einsatz der Fallschirmjager zum
Schutz der Briicken nichts wissen, finden wir fiir die Unversehrtheit der riesigen
für Holland strategisch höchst wichtigen Briicke zunachst keine Erklarung. Doch
als wir dran sind wissen wir Bescheid. Da stehen sie, unsere Fallschirmjager,
die unerhörtes gewagt und erreicht haben, die die wichtigen Briicken für den
Vormarsch sicherten. Sie sind die Helden Hollands! Spater werden wir auch
auf zahlreiche weisse Flecke in der Landschaft aufmerksam und erkennen die
Fallschirme der Jager, die noch damit beschaftigt sind, sie wieder zusammenzu-
rollen. Die Strassen sind gut und nicht zerstört. Wir kommen schnell vorwarts,
Wiesen Wasser Weiden endlose Ebene. Dortrecht lassen wir rechts
liegen, fahren vorbei an endlosen Kolonnen, die schon zum Angriff auf Süd-
Holland eine Schwenkung nach Südwesten durchführen.
Eine riesige schwarze Wolke steht in der Ferne über dem Land. Dort liegt
Rotterdam. Es ist nicht durchzukommen. Ein Stuka-Angriff hat ein Hafenviertel
niedergelegt. Es brennt, die Trümmer liegen auf den Strassen und durch Geröll
und zerrissene Oberleitungen, die auf die Strasse hangen, müssen wir uns den
Weg bahnen. Im Hafen brennen zahlreiche Schiffe, ein riesiger Ozeandampfer
qualmt aus allen Schloten, er brennt aus und glüht hellrot.
Wir arbeiten uns durch Rotterdam durch -Richtung Den Haag. Verschie-
dene Brücken sind nun doch gesprengt. Die Kolonnen verlassen die festen
Strassen und fahren an den Ufern der Kanale entlang bis sie einige unversehrte
Brücke erreichen. Es entstehen kilometerlange Umwege. Unsere Pioniere sind
überall dabei Notbrücken zu bauen. Wir helfen bei einer, die, wieder afgebaut,
kurz vor unserem Eintreffen zum zweiten Mal von einer englischen Flieger-
bombe zerstört wurde. Nun sind Wachen ausgestellt, die ,den Himmel nach
Fliegern absuchen. Das Brückenwarterhaus ist durch die Sprengung fast ein-
gedrückt. Es ist das erste zerstörte Haus, das wir betreten. Es ist neu gebaut
und frisch gestrichen, Spielsachen liegen herum, zwischen Ziegeln, heraus-
gerissenen Türen und eingestürzten Wanden.
Die Hollander haben ihren eigenen Landsleuten vor der Sprengung nicht so
viel Zeit gelassen, ihre geringe Habe zu bergen. Unser hollandischer Polizist,
den wir in Rotterdam aufgegriffen haben und der uns nach Den Haag bringen
soil, steht staunend und zerstört dabei. Von Zeit zu Zeit vergewissert er sich,
ob wir auch wirklich dafür sorgen wollen, dass er nach Rotterdam zu seinem
Dienst und seiner Familie zurückkehren kann. Er versucht verschied'entlich, sich
selbstandich zu machen und zu verschwinden. Endlich ergibt er sich in sein
Schicksal und wir sehen ihm an, dass seine Hoffnung, überhaupt wieder frei-
gelassen zu werden, sehr gering ist.
Die Brücke is fertig. Nach neuem Umweg gelangen wir auf die Strasse,
die in schnurgerader Richtung als herrliche breite Autobahn zum Haag führt.
Ein tolles Tempo wird angeschlagen. Es bemachtigt sich aller eine immer stei-
gende Nervositat. Wir fahren schliesslich im Zuge einer der acht nebeneinander
liegenden Kolonnen, Wagen an Wagen, alle möglicnen militarischen Einheiten,
anscheinend wild durcheinander, dazwischen ebensoviele Privatwagen der Hol
lander, streckenweise nur hollandische Wagen, soweit man sehen kann, die in
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der gleichen Hast wie wir mit 70 bis 80 km Geschwindigkeit dem Haag zustre-
ben. Dabei muss mit grosser Vorsicht gefahren werden, denn unbrauchbare
Wagen, auch solchen, denen der Brennstoff ausgegangen ist, liegen auf der
Strasse, links und rechts in der breiten Böschung der Strasse und in den Ge-
büschen liegen zerstörte Junkers-Maschinen, versperren mit den Flügeln oder mit
dem Rumpf mehr oder weniger die Autostrasse, so dass der Wagenstrom sich
immer wieder staut. Es ist unerklarlich, wie wir trotz dieser Hindernisse das
Tempo halten. Die Eindrücke von den zerstörten deutschen Maschinen, die
teilweise ausgebrannt sind, noch nicht lange dort liegen und doch schon so
hoffnungslos verlassen wirken, geben uns ein Ratsel auf. Was war geschehen?
Wo waren unsere Luftlandetruppe? Hatten irgendwelche Minensperren unsere
Flugzeuge bedroht? Wenig spater erfahren wir, was sich zugetragen hat, hören
auch von den Verlusten des Gegners. Unser Auge sucht wahrend der Fahrt die
vernichteten hollandischen Maschinen und einige Kilometer vor Den Haag
finden wir sie.
Auf die Einfahrt in Den Haag macht unser Polizist aufmerksam, der einen
entgegenkommenden hollandischen Wagen benutzen will, um mit ihn nach Rot
terdam zurückzufahren. Vergeblich. Wir erklaren ihm, dass er uns bis zum
hollandischen Aussenamt bringen muss, dann erst kann er zurück. Er erwidert,
im Haag wisse er nicht Bescheid. Wir bleiben unerbittlich. Nun kann er den
Weg erklaren: diese Strasse immer weiter geradeaus und wir kamen zum
Hollandischen Aussenamt. Das genügt uns auch noch nicht. Er muss bei uns
bleiben und sitzt nun ganz geknickt neben dem Fahrer. Kurz darauf fahren wir
auf den Platz vor dem Hollandischen Aussenambt. Eine unvergessliche Fahrt ist
beendet. Wir haben hochrote Köpfe, sehen uns glücklich an, sprechen können
wir nicht viel, denn wir sind heiser vom Schreien auf der Autobahn, wo wir im
Wagen stehend und mit der Kelle winkend und schimpfend, uns Platz verschafft
haben. Auf diese Weise überholten wir lange Kolonnen und gewannen einen
beachtlic'hen Vorsprung, haben auch mit grosser Freude, die uns schon aus
Norwegen bekannte Konkurrenz in Marineuniform geschlagen und sind nun
mit den ersten deutschen Truppen im Haag. Das Aussenamt is verschlossen.
Wir werden etwas deutlicher, da erscheinen drei Beamte, darunter der Haus-
meister. Wir erklaren: das Haus ist durch uns beschlagnahmt, niemand darf es
verlassen, niemand darf es betreten und vor allem ist jede Beseitigung von Akten
strengstens verboten. 'Wir veranlassen den Hausmeister, uns sofort die Heizungs-
keller zu zeigen. Tatsachlich, dort brennen Aktenstösse. Wir reissen die Feue-
rungen auf und holen die Papiere heraus, löschen sie und verschliessen den
Keller, um die Papiere spater zu untersuchen. In einem danebenliegenden Keiler
finden wir die Aktendeckel der vernichteten Akten. Ihre Bezeichnungen stellen
wir fest, eine Protokoll wird darüber angefertigt.1)
An der Eingangstür zum Aussenamt befestigen wir mit Dienstsiegel unseren
Beschlagnahmevermerk. Sofort sammeln sich Hollander staunend davor, sie
scheinen die Mitteilung nicht zu begreifen. V7ir lassen zwei Kameraden im
Aussenamt zurück und sind im Begriff zur Deutschen Gesandtschaft zu fahren,
als unser Polizist aus Rotterdam sich ein Herz fasst und nochmals bescheiden
anfragt, ob er nunmehr zurückfahren kann. Wir hatten ihn ganz vergessen. Doch
in wenigen Minuten ist ein nach Rotterdam gehendes Fahrzeug für ihn ge-
funden und überglücklich fahrt er ab.
1) Dit protocol bevindt zich bij de foto's onder nr. D 511239^ -41 R.v.O.