224 Pergament handschriften. Das im voraufgegangenen fiir Papierhandschriften Qesagte gilt auch für Pergamenthandschriften. Auch für Pergament ist eine direkte schadliche Einwirkung durch die Gelatine ausgeschlossen aus denselben Griinden, die vorher beim Papier angegeben. Die Gelatine ist ja dem Pergament stofflich nahe verwandt und durch die Behandlung mit Gelatine gibt man den vermorschten Pergamentblattern gewissermassen einen Teil derjenigen Eigenschaften, die sie infolge atmospharischer Einwirkungen verloren haben, wieder zurück. Anwendung des S ch u tz v e r f ah r e n s mit Gelatine. In welcher Weise und in welchem Grade man die Behandlung mit Gelatine zur Anwendung bringt, wird im wesentlichen von dem Zustande der Handschriften abhangen. Sind sie noch gut erhalten, so genügt vielleichl Tranken mit Gelatine- lösung durch Eintauchen, Aufgiessen, Aufpinseln o. a. Vertragen sie diese Behandlung nicht mehr, so kame das Schützen mit Seidenschleier oder dünnem Japanpapier in Frage, auf das man eventuell zum Schluss noch eine Trankuug mit Gelatinelösung folgen lassen könnte, um die Schutzschicht auf beiden Seiten noch zu verstarken. Bei ganz morschen Stücken wird man gut tun, nach und nach von beiden Seiten so viel Gelatine aufzubringen, bis die Handschrift in diese völlig eingebettet liegt. Sie ist dann von der Luft abgeschlossen und so fest gebettet, dass der weiteren Zerstörung durch Abbröckeln usw. vor- gebeugt ist. Tintenfrass. Die Frage des Tintenfrasses ist wissenschaftlich noch nicht zweifelsfrei aufgeklart; wahrend die Zerstörungserscheinungen selbst auf direkte Saure- wirkung hinweisen, sind sie nach Schluttiqs Beobachtungen auf die mittel- bare oder unmittelbare Einwirkung von Eisensalzen zurückzuführen. Bevor nicht völlige Klarheit in dieses dunkle Gebiet gebracht ist, wird man auch den Vorschlagen zur Bekampfung des Tintenfrasses gegenüber vor- sichtig sein müssen. Solange die Handschriften nicht in irgendeiner Weise gegen weiteren Zerfall geschützt sind, wird ja der Tintenfrass an der Zerstörung der Urkunde weiter arbeiten. 1st aber das Blatt in geeigneter Weise mit Gelatine behandelt, so muss die Wirkung des Frasses zum wenigsten vermindert und verzögert werden. Die morsch gewordenen und die etwa noch morsch werdenden Teile der Handschrift werden durch die Gelatine- bindung und die Gelatineschutzhaut an ihrem ursprünglichen Ort fest- gehalten und am Herausfallen verhindert. Wenn man nun auch kaum 225 annehmen kann, dass der Tintenfrass die Gelatine ganzlich verschont, so dürften wertvolle und unersetzliche Schriftstücke, die in kurzer Zeit unrettbar verloren sein würden, durch die Gelatinebehandlung doch auf lange Zeit hinaus in ihrem Bestande gesichert und gefestigt werden. Das Zaponieren. Das Zaponieren hat in der Bequemlichkeit der Ausführung dem Gelatineverfahren gegenüber manche Vorteile, aber diese können nicht über Bedenken hinweghelfen, die schon jetzt bei diesem Verfahren auf- getreten sind. Es hat sich bereits gezeigt, dass das Zapon unter dem Einfluss von Luft und Licht Veranderungen erleidet, die wahrscheinlich auf eine Zersetzung der Grundsubstanz der Zaponlösung, des Zellulose- nitrats, zurückzuführen sind. Welcher Prozess hierbei vor sich geht, steht im einzelnen noch nicht fest. Es ist aber mit Recht zu befürchten, dafs die Zersetzungsprodukte schadlich auf das Handschriftenmaterial, insbesondere auf Papier einwirken werden und man sollte daher mit der Anwendung des Zapon sehr vorsichtig sein. Handschriften von ganz besonderem Wert sollte man bis auf weiteres mit Zapon überhaupt nicht behandeln, sondern mit Gelatine. Um aber weitere Erfahrungen zu sammeln, ware es erwünscht, wenn die Bibliotheken an weniger wichtigen Objekten die Einwirkung und das Verhalten des Zapon studierten. Zeigen sich an diesen dann spater bedenkliche Erscheinungen, so kann man das Zapon wieder entfernen und die Stücke eventuell in anderer Weise schützen. Von verschiedenen Seiten ist berichtet worden, dass man an zapo- nierten Stücken bisher noch keine nachteilige Veranderung wahrgenommen habe. Das kann zutreffen, auch wenn eine schadliche Einwirkung schon stattgefunden hat, denn diese braucht sich nicht immer zuerst dem Auge bemerkbar zu machen. Das Blatt kann ausserlich noch unverandert sein und im Innern doch schon gelitten haben. Im Amt sind aber auch schon weitgehende ausserliche Veranderungen zaponierter Papiere beobachtet worden; ursprünglich weisse Papierstreifen zeigten, nachdem sie 10—12 Monate in feuchter Luft dem zerstreuten Tageslicht ausgesetzt gewesen waren, eine ausgesprochen gelbbraune Farbung. Aehnliche, wenn auch nicht so starke Vergilbungserscheinungen zeigten sich auch an zaponierten Papierstreifen, die etwa ebenso lange trocken und im Dunkeln gelegen hatten, wahrend nicht mit Zapon behandelte Proben nach Verlauf derselben Zeit unverandert geblieben waren. Cellitverfahren. lm Amt sind Versuche mit Lösungen von Cellit (Acetylcellulose) ausgeführt worden, die bis jetzt zufriedenstellende Ergebnisse geliefert haben. Bei diesen Lösungen sind, auch wenn eine Zerstörung der

Periodiekviewer Koninklijke Vereniging van Archivarissen

Nederlandsch Archievenblad | 1910 | | pagina 15