160 sammenhang, den ein Verweis im Inventar natürlich ebenso gut herstellen kann, darf meines Dafürhaltens der Archivar auch raumlich herbeiführen wenn er auf diese Weise eine kleine doch lückenhafte Abteilung verschwin- den lassen kann. Das ist aber dann bereits eine Durchbrechung des Prinzips. Aber neben den Verwaltungsbehörden gibt es auch noch andre Stellen die Archivalien liefern, vor allem die Gerichte. In Deutschland werden die Genchtsakten zu einem grossen Teile vernichtet und nur die Akten einzelner inhaltlich bedeutender Prozesse aufbewahrt. Von den vielen Tausenden bei einem Gericht entstandenen Aktenfaszikeln werden schliesslich nur wen.ge hundert dem Archiv einverleibt, und zwar ihres bestimmten In halts wegen; warum sollen nun diese Prozessakten nicht dort unter- gebracht werden, wo sie sachlich hingehören? Nach diesem Grundsatze habe ich z. B. in einem Stadtarchiv gehandelt, in dem sich ziemhch umfangreiche Akten über die Jagdgerechtsame der Stadt- gemeinde fanden, und zwar wenigstens im 18 Jahrh. schön zu Akten faszikeln schon in der Registratur vereinigt. Unter den zufallig aus dem zustandigen Gericht in jenes Stadtarchiv gelangten Prozessakten fanden sich nun auch solche, die über Jagdstreitigkeiten zwischen der Stadtgemeinde und benachbarte Adligen handelten, und diese habe ich unbedenklich mit den jagdakten vereinigt. Und ich wüsste nicht, was dagegen einzuwenden ware. Aber es ist ein Verstoss gegen das Provenienzprinzip. Ausser den Staatsbehörden kommen für Stadtarchive und Archive von Kör- perschaften auch noch eine Menge andere Verwaltungsbehörden oder wie man sie nennen soil - in Betracht, vor allem in der innerstadtischen Verwaltung. Da ist aber die Organisation langst nicht so beharrlich wie im Staate ,- Aenderungen des Systems und nach einer Unterbrechung voller Experimente selbst Riickkehr zum alten Verfahren sind recht haufig. Soil nun der Archivar alle diese Sprünge mitmachen und z. B. die Bauakten die vorubergehend von der Finanzverwaltung getrennt waren, fiir diese urze Zeit selbstiindig aufstellen oder nicht lieber trotzdem auch fiir diese Zwischenzeit bei den übrigen Finanzakten unterbringen Dasselbe gilt für alle Rechnungenwahrend in neuster Zeit die Stadte meist eine einzio-e oder hochtens zwei bis drei Kassen führen, war es namentlich im Anfano- des 19 Jahrhunderts vielfach üblich, dass bei jeder Verwaltungsstelle, jeder Stiftung u. s. w. eine besondere Kasse und demgemass eine besondere Jahresrechnung geführt wurde, die dann einen Bestandteil dieser speziellen Registratur bildete. Wechsel in der Art der Zuteilung waren dabei recht haufig Soil man nun nicht diese Rechnungen, die je fiir ein Jahr vorliegen und oft eine hier abbrechende und an ganz andrer Stelle fortgesetzte Reihe bilden, schon aus Gründen der praktischen Benutzung zu einer einzio-en Abteilung vereimgen? Dem Provenienzsystem widerspricht es unbedingt. 161 Diese samtlich der Praxis entnommenen Beispeile sollen nur zeigen, dass man ein grundsatzlicher Anhanger des Provenienzprinzips und sein aufrichtiger Freund sein und dennoch in besonderen Fallen, namentlich bei alteren und liickenhaften Bestanden, davon abweichen kann und dass ein Zweifel an der allgemeinen Durchführbarkeit durchaus nichtsmit einer Gegnerschaftzu tun hat. Um zu zeigen, wie sich die Deutschen Geschichtsblatter bisher zur Frage des Provenienzprinzips gestellt haben, muss ich auf friihere Aus- lassungen darüber zurückgreifen. Das Wesen des Provenienzprinzips ist zuerst im 4. Bd. S. 60 geschildert worden, und zwar in der schlichten Widergabe dessen, was Bailleu auf dein dritten Archivtag in Düsseldorf 1902 vorgetragen hat bezüglich des Geheimen Staatsarchivs in Berlin. Auf diese Ausführungen Bailleus habe ich dann 5 Bd. S. 262 Bezug ge- nommen und kurz den Unterschied zwischen stadtischen und staatlichen Archiven betont, als ich das prachtige Inventar des Baseler Staatsarchivs besprach, in dessen Einleitung sich Wackernagel gegen ein Nebeneinander alter Registraturen aussprach. Um rneinen eigenen Standpunkt nochmals kurz zu kennzeichnen, so erklare ich mich grundsatzlich als Anhanger des Provenienzprinzips und zwar erst ens weil es einfach und klar ist und sich leicht anwenden Iasst, zweitens weil es das einzige Mittel ist, um die Masse der neueren Archivalien zu übersehn und zu bemeisternd rittens weil es ein rasches Fortschreiten der Ordnungsarbeiten ermöglicht, da gleichzeitig mehrere Beambte je eine Abteilung in Arbeit nehmen können, ohne sich gegen- seitig zu storen; viert ens weil die Einordnung neuer Zugange aus den Registraturen dadurch überaus einfach wird, und schliesslich fünftens ein Moment, welches meines Wissens noch nicht betont worden ist weil dieses Verfahren ein voreiliges Kassieren von Akten ganz unwill- kürlich verhindert: wenn von einer verhaltnismassig jungen Behörde 100 fortlaufend nummerierte Faszikel abgegeben werden, dann unterbleibt mit Rücksicht auf das Ganze die Ausscheidung von 10 beliebigen Faszikeln viel eher als wenn diese 100 Teile doch auseinander gerissen werden, sodass das Fehlen einzelner Stücke nicht ohne weiteres festzustellen ist. Unbeschadet dieses grundsatzlichen Standpunktes bekenne ich aber ebenfalls, dass ich dort, wo die Verhaltnisse ein and er es Verfahren als zweckmassiger (bequemer, nützlicher) erkennen lassen, lediglich um des Prinzips willen rneiner besseren Einsicht entgegen zu handeln, für unangebracht halte". Ziehier de meening van Dr. Tille, die wellicht enkelen onzer aan leiding zal geven tot eenige nadere beschouwingen en opmerkingen. Maar ook zonder dat mogen wij Dr. Tille dankbaar zijn, dat hij ons zijn stand punt ten opzichte van het Provenienzprinzip zoo uitvoerig uiteen heeft willen zetten. F W

Periodiekviewer Koninklijke Vereniging van Archivarissen

Nederlandsch Archievenblad | 1906 | | pagina 13