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2) die akademischen Abgangszeugnisseaus welchen hervorgeht, dass
der Kandidat mindestens sechs Semester an einer Universiteit des deutschen
Reichs studiert hat,
3) der durch persönliche Zeugnisse der akademischen Lehrer zu er-
bringende Nachweis, dass er mit Erfolg mindestens zwei Semester einem
Seminar fur die histo-rischen Hilfswissenschaftenzwei Semester einem
historischenein Semester einem deutschphilologischen Seminar als Mit-
glied angehört und mindestens ein Semester an Uebungen iiber Archive
kunde theilgenommen hat,
4) eine artzliche Gesundheidsbescheinigung
5) das Zeugniss iiber die Militarverhaltnisse
6) fünfzig Mark Prüfungsgebühren.
6. Die Priifung isfc eine miindliche und erfolgt in dauernder An-
wesenheit sammtlicher Mitglieder der Kommission.
7. Sie erstreckt sich auf deutsche, fiir die neuere Zeit insbesondere
preussische Geschichteauf deutsche Rechtsgeschichteauf preussische
Staats- und Yerwaltungsrecht und deren Geschichte, sowie auf die his
torischen Hilfswissenschaftenwobei Pragen iiber die Kenntnisse des
Kandidaten in der lateinschen, mittelhoch- und mittelniederdeutschen sowie
in den französischen Sprache anzuschliessen sind.
Hat der Kandidat an den von dem Staats-Archivar geleiteten Uebungen
in der Archivlcunde theilgenommen oder unter dessen Leitung bereits im
Staats-Arcbiv praktisch gearbeitet, so hat der letztere am Schluss der
Priifung iiber die Portschritte desselben in der Archivkunde zu berichten;
8. Im allgemeinen geht die Aufgabe der Priifung dahin, nicht so
sehr den Besitz eines weitlaufigen Memorierstoffs bei dem Kandidaten zü
erkunden, als sich zu iiberzeugen, dass er die Sicherheit der wissenschaft-
lichen Methode, die Gewöhnung an klare Begriffe und einsichtige An-
schauung nebst ausreichender Literaturkunde und damit die Fahigkeit zu
selbststandigem wissenschaftlichen Weiterlernen erlangt habe.
9. In der Priifung über deutsche Geschichte erscheint es angemessen^
sich zunachst mit der Entwickelung des alten Kaiserthums übersichtlich
zu beschaftigen. Dann ist niiher auf die preussische Geschichte seit 1640
einzugehen und zwar vorwiegend auf die allmabliche Erhebung des Staats
durch Kriege und auswartige Politik, seine Stellung im deutschen Reich
und spater im deutschen Bunde, sowie die Entstehung des neuen Reichs;
10. Wenn der Priifung in der politischen Geschichte hier vornehmlich
die Entwickelung des Reichs und der auswartigen Politik zugewiesen
wird, so bleibt fiir die Priifung in der Rechtswissenschaft die Entwickelung
der deutschen Territorien und ihrer inneren Zustande vorbehalten. Auch
hier sind die Verhaltnisse des friiheren Mittelalters nur summarisch zu
behandeln; etwas ausfiihrlicher kann auf die Rechtsverhaltnisse und dié
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Yerwaltung eines fürstlichen Territoriums im 15 oder 16 Jahrhundert
eingegangen werden. Das Hauptthema aber bildet die Entwickelung des
inneren Staatsrechts, der Yerfassung und Yerwaltung Preussens von 1640
bis auf die grossen Reformen der Gegenwart 1).
11. Wie sich versteht, bleibt die Auswahl der in der einzelnen
Priifung naher zu erörternden Abschnitte dieser grossen Gebiete dem
Ermessen der Examinatoren ebenso wie etwaige Modifikationen der Ab-
grenzung zwischen der Prüfung in der Geschichte und Rechtswissenschaft
ihrer Yerstandigung überlassen. Das wesentliche ist nur, dass dabei der
praktische Zweck der Priifung, die Yorbereitung zu dem Archivdienst,
nie aus dem Auge verloren wird.
12. Nach demselben Grundsatz ist in der Paliiographie zu verfahren.
Die alteren Schriften kommen nur insoweit in Betracht, als sie grundle-
gend fiir die spiitere Entwickelung gewesen sind. Piir den künftigen
Archivar ist die Hauptsache, dass er sich die Fahigkeit erworben hat,
die Dolcumente aus dem 13 bis 16 Jahrhundert rascli und sicher zu lesen
und zu verstehen. Zum Erweise dafiir ist ihm in der Priifung ein passend
ausgewahltes Dokument in lateinischer und ein anderes in deutscher
Sprache vorzulegen. In der Diplomatik ist aus demselben Grunde weniger
Gewicht auf die alteren Kaiser- oder Papstdiplome, als auf die spateren
fürstlichenKloster- und Privaturkunden zu legen. In der Chronologie
kommt es wesentlich auf das christliche Kalenderwesen mit seiner Oster-
berechnung (OsterstreitOstertafeln)seinen Pesten und Heiligentagen
seinen verschiedenen Jahresanfangen u. s. w. und demnach auf die Fahig
keit des Kandidaten anmittelalterliche Datierungen gewandt und korrekt
in den heutigen Kalender umzusetzen.
13. Das durchschnittliche Zeitmass der Prüfung ist fiir jeden Kan
didaten in der Geschichte und der Rechtswissenschaft auf je eine, in den
historischen Hilfswissenschaften und Sprachen im ganzen auf zwei Stunden
festgesetzt. Jedoch bleibt es der Kommission überlassen, falls sie in einem
Prüfungstermine zwei Kandidaten zu prüfen fiir zweckmassig erachtet, die
Dauer desselben auf sechs Stunden zu beschriinken.
14. Lassen die akademischen Zeugnisse eines Kandidaten erhebliche
Lücken in der Reihe der erforderlichen Wissensgebiete erkennen, so kann
die Kommission durch zusatzliche Pragen ermitteln, inwieweit diese Lücken
durch Privatstudium ausgefüllt worden sind.
15. Die Prüfung kann nach dem Ermessen der Kommission in einem
Universitats- oder in einem Archivraume abgehalten werden.
16. Jeder Examinator giebt sofort nach heendeter Befragung sein
Het examen in dit vak wordt (in afwijking van het statuut) afgenomen door prof. Naudé
niet door prof. Leonkard.